Am Vatertag haben sich Dominik und ich zum Großen Preis nach Buchholz in der Hobbyklasse aufgemacht. Das Wetter trieb auch am Rennmorgen noch Sperenzchen aber wir wollten uns das Spektakel zumindest einmal anschauen. Also bei Nieselregen das Auto beladen und in einer guten Stunde nach Buchholz gerollt. Unsere Erwartungen an das Rennen waren bis dato eher defensiver Natur. Zwar hörte der Regen kurz nach Bremen auf aber laut Wetterbericht zog da noch etwas Dickes aus den Niederlanden Richtung Osten – also nichts auf was man bei einem zackigen, noch unbekannten Stadtrundkurs unbedingt hoffte. Hinzu kam, dass im Vorfeld von Fahrern, die an dem Rennen bereits teilgenommen hatten, das Höhenprofil als durchaus anspruchsvoll beschrieben wurde. Aber letztlich galt bei der Ankunft: „Jetzt schauen wir mal, dann sehen wir schon“.

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Also schnell die Räder zusammengesteckt, Startnummern abgeholt und während des ein oder anderen vorsorglichen Stück Kuchens noch schnell ein paar Tipps gelauscht, die Matthias Langer aus dem zuvor stattgefundenen Seniorenrennen preisgab. „Hier musst du dran sein, da ganz eng rum und mit Schwung über die Kuppe, an der Stelle mindestens im vorderen Drittel treten und dann am Berg nicht reißen lassen!“ Ratschläge, die so sicherlich erst einmal für jedes Rennen, für dieses aber im Besonderen gelten sollten. Zehn Minuten hatten wir noch um zumindest 70 % der Strecke neben dem laufenden Renngeschehen auf dem Gehweg abzufahren und dann ging’s ab an die Linie. Ein kurzer Blick links-rechts und es war klar, dass bei den teils bekannten Mitstreitern die Stunde heute ziemlich zügig vorbei sein wird (das Rennen war auf 60 min / 13 Runden à 3 km angesetzt).

3, 2, 1 Start! Neben Dominik und mir standen 32 weitere Hobbyathleten am Start, die allerdings augenblicklich eskalierten. Anscheinend sollte das Rennen in der ersten Runde entschieden werden und das ausgemachte Ziel schien zu sein, die ersten 3 km unter den Schnellsten zu verbuchen. Eigentlich wollte ich es piano angehen und mit der Strecke vertraut werden aber ich hatte alle Beine voll zu tun, den Anschluss an die Top 20 zu halten. Nach drei Minuten, sechs engen Kurven und zwei kleineren Wellen hatte der Großteil wohl den jeweiligen Maximalpuls erreicht und es ging zurück in der Gruppe den Schlussanstieg der Runde nach oben Richtung Start/Ziel (für Bremer lässt sich dieser ganz gut mit dem Anstieg in Okel bis zur ersten Kuppe vergleichen, allerdings einen Tick steiler).

Ein, zwei Fahrer testeten nochmal an aber oben hatte man sich dann auf ein normal-zügiges Renntempo geeinigt. Vorerst. Bis Runde sechs hielten sich die Tempoverschärfungen in Grenzen. In Runde sieben hatte ich die Gruppe zügig in den Anstieg gezogen als auf halber Höhe plötzlich neben mir einer vorbei schoss. Dominik hatte sich aber sofort an seinem Hinterrad festgebissen und noch drei weitere Fahrer im Schlepptau. An der Kuppe konnte ich aufschließen und das Tempo nochmals anziehen, sodass wir letztlich zu siebt ein Loch reißen konnten. Ab nun wurde drauf getreten, jeder Kurve folgte ein Sprint und die Führung wechselte häufig. Zwei weitere Fahrer wurden im achten Anstieg aussortiert, doch mit jeder Runde wurde nun das Geplänkel um die Führung stärker. Dominik und ich haben die Gruppe etliche Male gezogen aber nachdem sich außer uns scheinbar nur wenige am Tempo beteiligen wollten, waren die Verfolger in Runde 12 bereits wieder in Sichtweite.

In der entscheidenden 13ten Runde kam es dann auf der Gegenwindgeraden vor dem Schlussanstieg wieder zum Zusammenschluss. Alle wollten Körner sparen für das, was hinter der nächsten Kurve wartete. Nur nicht in den Wind müssen. Nachdem auch der letzte Fahrer die Beine hochnahm, zog mich Dominik auf Eins zunächst noch gemächlich um die entscheidende Biegung und dann zügig in den Anstieg. Keine 20 m in der Steigung forcierte er das Tempo nochmals und wich minimal zur Seite. Ich trat zunächst im Sitzen maximal an und ging dann in den Bergsprint. Jetzt oder nie, irgendwie ein Loch reißen, raushauen was auch immer noch im Tank ist. Ob das am Fuß der Steigung sinnvoll ist? - Keine Ahnung! Maximal antreten, zack, nächster Gang, den Kopf unten lassen, nächster Gang, … 43 km/h den Berg rauf? Das hältst du nie aber egal, du brichst früh genug ein. Treten! Noch kann ich das Tempo halten. Nach weiteren 100 m einen kurzen Blick unterm Arm durch: geil, 10 m Loch. Jetzt nicht nachlassen, aber die Kraft ist zu hoch, die Kadenz zu niedrig. Ein Gang zurück und auf die Sattelnase rutschen, die Beine kreiseln lassen. „Kooommm!!“ schrei ich mich innerlich selbst an, aber das geht nur noch 50 m gut. Noch ein Gang zurück. „Kacke“ denk ich, als ich nur noch 35 auf dem Tacho lese aber bei der Attacke in Runde 7 waren wir an der Stelle hier auch nicht schneller. „Auf, bis zur Kuppe durchdrücken, tritt verdammt!“ Noch 50 m bis oben. Noch höre ich nichts von hinten. Noch 30 m, es schreien nur die eigenen Beine. Jetzt nur nicht nachgeben. Ein schneller Blick über die Schulter –irre, 25 m Luft!! Verdammt, das kann reichen! Rüber über die Kuppe und runter auf den Lenker. 250 m leicht abfallend bis zur Linie. „Zieh!“ Der Tacho marschiert unter Schmerzen wieder zügig nach oben, 100 m noch und ja man, das passt. Weitere 50 m und ich schau mich um, Zeit genug um noch das Trikot zu schließen und unglaubwürdig aber irre glücklich über die Linie zu rollen.

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Noch im Taumeln donnern hinter mir die Sprinter um Platz zwei herein. Mohsen Ramezani Alavi kann den Schlussspurt für sich entscheiden, während sich Gunnar Sieg um Zentimeter an Dominik auf Platz drei vorbeischiebt.

Ein grandioser Einstand für das erste Rennen im neuen Outfit. Besten Dank an Dominik, der mich perfekt im Anstieg absetzte und den anderen nur die Tür für den langen Weg offen ließ. Großen Dank auch an Blau-Weiß Buchholz, die dieses Jahr erstmalig mit dem Hobbyrennen einen anspruchsvollen Rundkurs für die Jedermänner in den Rennkalender aufgenommen haben.

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Bericht: Leonard