Am 08. September kam es zu einer unverhofft großen Anzahl von Radrennfahrern auf dem Platz vor dem Hannoverschen Rathaus. Unter Ihnen war auch eine gehörige Anzahl von Bremern, die gefühlt entweder zum Racing Team oder zum Goldenen Buchladen gehörten. 

Vom RCB hatte sich Jörn für den 70km Sprint angemeldet (erster Rennbericht) und der Rest für die Tour der Herzen über knapp 100km (zweiter Bericht von Björn). Beide Rennen sind im GCC gelistet, wodurch im Feld auch das eine oder andere Trikot im Stile einer belgischen U19-Mannschaft zu sehen war.

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Wenn mal alles passt - 68km Bericht von Jörn

Am 08. September ging es für das Cyclyng Team bei traumhaften Wetter zum ProAm Race nach Hannover. Ich (Jörn) bin dort als einziger auf die kurze 68km Distanz gegangen. Wie kommt das zustande? Schafft der alte Mann nicht mehr? Nun ja, nach einigen Jahren mit vielen Rennen im GCC hab ich erkannt und akzeptiert, dass es für mich als schweren Sprinter (knapp 80kg bei 1,78) und Hobbyfahrer mit vierstelligen Trainingskilometern bei längeren Anstiegen niemals reichen wird um dort an der Spitze zu bleiben. Kösterberg in Hamburg geht grad, aber in Hannover wartet bei weniger als der Rennhälfte der Nienstedter Pass mit 3km á 5%...? Niemals!

Der Kalender hat im Jahr ein paar wenige Rennen, wo ich mir zutraue „auf Position“ in die Top10 zu fahren. Hannover ist eines davon und entsprechend hatte ich früh für die kurze Runde gemeldet. Als immer mehr aus dem Team in Hannover gemeldet haben, alle auf der Langdistanz, war ich schon sehr hingerissen doch noch umzumelden und mit den Jungs zu fahren. Aber ich wusste, dass dort das Rennen früh für mich vorbei wäre und Hannover dieses Jahr vielleicht die letzte Chance ist, also blieb ich dabei.

Mein Start war deutlich vor dem der anderen Jungs. Also schnell viel Erfolg wünschen und Nachmeldeunterlagen vorbeibringen, die ich am Vorabend für ein paar Nachzügler geholt hatte und ab in den Startblock. Dort die Erkenntnis, dass die kurze Runde mitnichten entspannt werden würde. 5 GCC Teams mit einigen bekannten Gesichtern und die zeitgleiche deutsche Betriebssportmeisterschaft ließen schonmal auf einen „abwechslungsreichen“ Rennverlauf schließen.

Der Startschuss fiel und... es ging erstmal neutralisiert auf die ersten 3km. Die Ungeduld im Feld steigt dabei eigentlich immer und als die Rennleitung nach einer gefühlten Ewigkeit das Rennen freigab ging es wie immer nach dem Start anscheinend darum Adrenalin abzubauen, so dass schnell die 5 aufm Tacho stand und erstmal nichts passierte. Mein Ziel musste es sein, wachsam vorn zu bleiben und zu erkennen, wie die Teams sich verhalten. Wann muss ich mitgehen, wann kann ich mich auf die Nachführarbeit eines Teams verlassen und im schlechtesten Fall, wann muss ich selber aktiv ein Loch dicht fahren. Bei km10 fing der Spaß dann langsam an. Ein Fahrer sprintet raus, ich direkt ans Hinterrad, mal gucken was passiert. Nach 400m schau ich mich um und seh direkt zwei Teams an der Spitze des Feldes, also direkt wieder zurück ins Feld, wo direkt die nächste Attacke startet, die wieder gekontert wird. Und so geht es munter mit Ausreißversuchen weiter und mir wird klar, dass es sehr schwer für eine Gruppe wird, wenn nicht 2-3 Teams darin vertreten sind. Zwischendurch seh ich sogar meine Freundin mit Familie samt Plakaten an der Straße, bei denen ich übernachtet hab. Ein schöner Moment, der kurz vom Stress ablenkt... denn es kommt vermehrt dazu, dass Teams versuchen mit einzelnen Fahrern eine Gruppe aufzustellen. Geh ich mit? Sind die stark genug? 2mal entscheide ich mich mitzugehen, aber beide Male ist die Gruppe insgesamt nicht stark genug bzw einzelne Fahrer hatten wohl eher die Aufgabe, zu stören.

Die 4 kleinen Anstiege werden „ignoriert“ und es geht zügig weiter. In der 2. Hälfte beruhigt es sich etwas, als 2 Fahrer einige Zeit 30-60 Sekunden vor dem Feld herfahren, doch die Lücke schließt sich wieder... Mist! Kurz etwas eingebaut verpasse ich, wie eine neue Gruppe geht, die „gut“ aussieht. Mit ein paar Fahrern gehts ab in den Wind und Körner auf die Straße schmeißen. Die Teams? Einige haben Fahrer vorne drin... es dauert 2-3km aber dann sind wir wieder dran, aber Körner hat’s gekostet. Unruhig geht es weiter Richtung Ziel, wo sich bis 10km davor niemand wirklich absetzen kann. Dann gehen 2 Fahrer, aber sie machen nicht den Eindruck, als könnten sie es durchziehen. Langsam geht es in die Stadt, 5km noch. Das Feld der 50 Verbliebenen formiert sich langsam, es wird deutlich enger an der Spitze. Jetzt muss ich gucken irgendwie immer unter den ersten 10 zu bleiben. 4km noch, wir kommen an den Maschsee und sehen die beiden Ausreißer näher kommen. Das Tempo wird immer höher. Da geht jetzt keiner mehr, denk ich mir. 3 90Grad Kurven sind noch zu durchfahren. Bei der ersten links, 1500m vorm Ziel haben wir die beiden Ausreißer... jetzt noch 2mal rechts, 500m zwischen den Kurven und 500m Zielgerade. Ich bin an ca 10. Position noch gut aufgehoben. 1000m... kurz vor der vorletzten Rechtskurve tritt links Patrick Hanhart an. Der hat schon einige Rennen gewonnen... an seinem Hinterrad gehts durch die Kurve und langsam nach vorne. Kurz vor der Kurve geh ich an ihm vorbei und an 5 auf die letzten 500m. Ein Fahrer hat vor der Kurve angetreten und ca 20m Vorsprung. Noch zu früh, aber Mark Pietschmann setzt direkt nach und ich direkt dran. Er schließt die Lücke und geht aus dem Sattel und schiebt sich in Führung.

Die Beine sind gut, wann trete ich richtig an? Ich hab ja sicher auch ne ganze Meute am Hinterrad. Ich sehe das Ziel nicht! (Es gab keine Meter Markierungen und keinen Zielbogen). Egal, einfach jetzt! 2 Gänge rechts, Kopf runter und los! Der große Bums ist nicht mehr da, aber die anderen haben genauso Körner gelassen. Rund treten, Kopf unten lassen, nichts verschenken! Ich seh nur noch die Straße unter mir und aus dem Augenwinkel, wie ich mich vorbeischiebe. Verdammt, ich bin vorne, echt?!

In diesem Moment rauscht ein Strich unter mir durch... Echt? Echt jetzt?! Ich brauche noch bis 50m nach dem Ziel, bis ich es begreife und meinen Arm zum Jubeln heben kann. Und noch 10min bis nach Video Auswertung offiziell feststand, dass ich mit 15cm Vorsprung mein erstes Rennen gewonnen habe.

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Es hat einfach alles gepasst: das richtige Streckenprofil, die Tagesform, der Rennverlauf, die richtigen Hinterräder, das richtige Timing, das nötige Glück, das dazugehört und wenn das alles zusammenkommt dann „können auch alte Säcke Rennen gewinnen“ (Zitat Streckensprecher). An dieser Stelle nochmal Danke an die Mitstreiter. Es war ein spannendes Rennen, in dem immer fair und konzentriert gefahren wurde, selbst auf den letzten 1500m wurde jedem Luft zum Überleben gelassen, so dass es sturzfrei blieb, was wirklich selten ist.

Nach der Ehrung ging es mit dem Afterrace Bier direkt an die Bande, wo ich jeden der Jungs einzeln ins Ziel der Langdistanz schreien konnte. Auch mal toll, dass von außen zu erleben, aber mit dem Team zusammen auf der Strecke macht es dann doch am meisten Spaß. Da freue ich mich schon jetzt auf die nächsten gemeinsamen Rennen.

 

Wenn man am Berg kleben bleibt - 100km Bericht von Björn

Das 100km-Rennen wurde bis zu Stadtgrenze Hannover neutralisiert, was bedeutete, dass es auf den ersten 8km zu erhöhtem Brems- und Reifenverschleiss kam. Es gab einen ständigen Wechsel zwischen 50km/h und stehenbleiben. Zum Glück hatte ich jederzeit unser Team im Blick, so dass noch Hoffnung bestand, irgendeine nicht angesprochene Rennstrategie zu verfolgen. Allerdings bin ich wegen meiner Achillessehne praktisch nur einbeinig gefahren und musste am einzigen Berg der Strecke abreißen lassen.

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Krass wie groß der Abstand zwischen der 1. Gruppe und den Nachfolgenden zu diesem Zeitpunkt, ca. 40km nach dem Start war. Den Deister habe ich in ca. 13 Minuten erklommen. Die Abfahrt ging etwas schneller auch wenn ich durch die ganzen Leichtgewichte Slalom fahren musste. Am Ausgang fand ich eine Gruppe mit 4 anderen beherzten Fahrern mit denen ich dann in einem akzeptablen Tempo weiterfahren konnte. Wir holten uns noch ein paar Gruppen, was den besten Teil des Rennens ausmachte.

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Ab ca. 10km vor dem Ziel spielten dann einige aus Gruppe Profi und es wurden diverse, allerdings erfolglose Ausreißversuche unternommen. Ich habe da schön mitgespielt und dadurch den entscheidenen Antritt vor dem Ziel verpasst und wurde am Ende 293ster.

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Der Rest vom Team schlug sich deutlich besser: Jörn hat die 70km gewonnen, Leo wurde als bestplatzierter RCBler über die 100km 20. und in der Teamwertung sind wir sogar auf Platz 10 und damit deutlich vor den Bücherwürmern im Bremischen Entscheid gelandet.

 

 

Alles in allem war es ein sehr schönes Event, besonders durch die hohe Beteiligung des bis auf zwei Verletzten und einem Urlauber vollzähligem Team!