Das Rennen

Das Rennen Okolo republiky (OR) fand dieses Jahr zum zweiten Mal statt. Es gibt zwei Längen, eine mit drei Kontrollpunkten (ca. 950 km) und eine mit sechs Kontrollpunkten (ca. 1.500km).

Der Start- und Zielort ist in der Stadt Žacléř, die Strecke zwischen den Kontrollpunkten kann frei gewählt werden. Am dritten Kontrollpunkt gibt es die Möglichkeit die Strecke zu wechseln.

Alle Infos zum Rennen gibt es unter https://www.okolorepubliky.cz/

Ein Erfahrungsbericht von Maik.

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Die Anmeldung

Ich selbst habe von dem Rennen durch einen Bekannten, dem ich bei Strava folge, erfahren. Er ist letztes Jahr die lange Strecke gefahren. Als ich das bei Strava gesehen habe, war mein Interesse geweckt. 

Anfang des Jahres wurde ich mal gefragt, was ich so 2021 vorhabe. Da waren so die üblichen Dinge dabei, die ich jedes Jahr fahre. Aber auch, dass ich gerne mal ein Rennen über 1000km fahren möchte und dass es da ja das OR gibt, aber sicher bin ich mir nicht. Ich hab das dann auch erst Mal abgehakt.

Die Entscheidung für die Anmeldung war eine Verkettung von Zufällen. Unterm Strich hab ich mich spät für Bimbach angemeldet und entschieden, die An- und Abreise mit dem Rad zu machen. Mein erstes Bikepacking „light“ und es lief ganz gut. Danach wollte ich dann doch noch dieses Jahr OR in Angriff nehmen. Allerdings war mein Urlaub schon geplant und ich hatte schon eine Überschneidung von einer Woche mit einem Arbeitskollegen. Um bei OR teilzunehmen musste ich nochmal drei Tage früher Urlaub nehmen. Ich habe mit meinem Chef darüber gesprochen und es war kein Problem. Der Entschluss war getroffen, allerdings wollte ich zunächst die „Kurzstrecke“ fahren. Ich dachte mir dann aber, wenn ich schon mitfahre, dann richtig und den 1000er hätte ich damit auch im Sack. Also hab ich mich dann einen Monat vor dem Start für die lange Strecke angemeldet.

Die Planung

Gleich am Tag der Anmeldung hab ich mit der Planung der Strecke angefangen. Orientieren konnte ich mich ein wenig am Vorjahr, wobei da die Richtung gegen den Uhrzeigersinn ging und auch die Kontrollpunkte ein wenig anders lagen. Mein Plan war einen guten Mix aus Kilometer und Höhenmetern zu finden. Geplant habe ich mit Komoot, da dort auch die Streckenverhältnisse angegeben werden, wobei das nicht immer funktioniert, kein Tool kann jeden Meter Streckenverhältnisse kennen, Komoot auch nicht, was sich dann auch bewahrheitet hat. Ein wenig Sorgen machten mir Bundesstraßen, ist kein Spaß da im Verkehr mit dem Rad zu fahren, allerdings auf Nebenstraßen auszuweichen kostet wieder Kilometer. So nahm ich manchmal dann doch die kürze Variante entlang einer Bundesstraße. Eingeplant hatte ich auch, dass ich alle Grenzländer durchfahre: Polen, Slowakei, Österreich und Deutschland. Das Ergebnis war eine Strecke von 1450km und 12400hm.

Einige Dinge fürs Rad mussten auch noch besorgt werden, vernünftiges Licht, eine Rahmentasche und diverser Kleinkram. Es begann ein kleiner Bestell-, Test- und Rücksendemarathon. Hab dann noch die passenden Sachen besorgen können.

01 Rad

Die Anreise nach Prag

Am Mittwoch war es soweit. Noch ‘nen halben Tag arbeiten und nachmittags hab ich mich (mit dem Auto) auf den Weg nach Prag gemacht. Ziemlich Müde hab ich mich gleich hingelegt. Am nächsten Tag hab ich mein Rad aufgebaut und eine kurze Testrunde gedreht. Irgendwie hat die Schaltung gehackt, was recht merkwürdig ist, da ich eine elektronische Schaltung habe. Mal gingen die Gänge rein, mal nicht. Hab dann ein wenig an der Einstellung was geändert und es war zunächst in Ordnung. Zumindest dachte ich das…

Am Abend vor der Abfahrt zum Startort Žacléř noch die letzten Streckenanpassungen durchgeführt und die ganze Zeit drüber nachgedacht, was ich denn auf die Tour mitnehmen soll. Ein, zwei Trikos / Hosen, Schlafsack, ein, zwei, drei Akkus, Riegel, … keine Ahnung.

Die Anreise nach Žacléř

Zum Startort Žacléř wollte ich nach dem Mittag losfahren, es sind 180km / 2,5h mit dem Auto. Zwischen 18:00-20:00 sollte eine Besprechung stattfinden, eigentlich alles recht entspannt vom Zeitplan, aber aufgeregt war ich wie als Kind vor Weihnachten. Sachen packen (erst mal alles eingepackt was ich finden konnte), noch mal die Kette ölen, was essen und los, das war der Plan. Beim Kette ölen, dann festgestellt, dass sich die Kassette auf der Achse vor und zurück schieben ließ. Schock! Was ist da los und kann ich das reparieren? Damit hab ich dann auch die Ursache für die Schaltprobleme gefunden. Eine Schraube der Achse hat sich gelöst und damit war diese etwas länger und die Kassette hatte spiel. Zum Glück konnte ich das Problem lösen, hat aber Zeit und Nerven gekostet, die Schaltung musste ich dann auch wieder neu einstellen.

Jetzt wurde es dann doch eng, schnell alles zusammengepackt, noch was gegessen und auf nach Žacléř. Ich bin gut durchgekommen, war aber knapp in der Zeit. Also schnell im Hotel einchecken und zur schnell zur Besprechung. Beim Bezahlen im Hotel dann der nächste Schock, ich hab das falsche Portemonnaie eingepackt. Nach dem Bezahlen vom Hotelzimmer hatte ich nur noch 50 EUR übrig und kein tschechisches Geld. Zum Glück hatte ich meinen Reisepass und Impfausweis extra eingepackt, beim Rennen waren ja so einige Grenzüberquerungen. Absolut keinen Plan gehabt, hab echt überlegt wieder nach Prag zurückzufahren. Aber erst mal zur Besprechung, bevor ich diese verpasse und dann schaue ich weiter. Am Eingang in einem Flur wurden die Startpakete ausgegeben. Ich habe nachgefragt, was mit der Besprechung ist, da ich mein Geld vergessen habe und ich evtl. wieder nach Prag fahre. Die Antwort war, dass es keine Besprechung gibt, ging nur um die Abholung des Startpaketes. Der Veranstalter hat mir dann spontan angeboten mir Geld zu leihen, was ich gerne angenommen habe, damit sollte ich auskommen, Top!

Auf dem Weg zurück, hab ich noch meinen Bekannten getroffen, der nicht wusste, dass ich mich auch angemeldet habe. Ich wurde dann gleich zum neuen Favoriten erklärt. Genau was ich benötige, hab zu bedenken gegeben, dass das auch absolutes Neuland für mich ist, gerade wegen der Übernachtung, da hatte ich bis jetzt auch noch gar keine Erfahrungen mit.

Zurück im Hotel schon mal die Dinge grob vorsortiert, die ich mitnehmen wollte. Ich war dann auch schon müde und die endgültige Entscheidung wollte ich am nächsten Tag treffen.

Der Morgen

Mehr oder weniger gut geschlafen, aber alles im Rahmen, nur meine übliche Aufregung und Hektik. Musste noch die Taschen packen, frühstücken, das Rad zusammenbauen, Taschen anbringen, auschecken, …

Wie und wo ich unterwegs übernachten werde, hatte ich nicht geplant und da es kalt werden sollte, hab ich zur Sicherheit noch einen Schlafsack und jede Menge warmer Kleidung eingepackt. Zufrieden war ich nicht, war mir doch alles zu viel Gepäck, welches ich dann ja auch die ganze Zeit mitschleppen musste, aber sicher ist sicher.

Schnell zum Frühstück, auschecken und das Rad fertig machen. Licht, Akkus, Taschen, GPS Tracker, Reflektionsstreifen ankleben (Sicherheit geht vor!), Luftdruck checken, usw. Hat dann doch alles ein wenig länger gedauert und so kam ich relativ knapp, aber noch rechtzeitig, zum Start. Hatte aber noch kurz Zeit mit meinen Bekannten zu sprechen, der hat einigen Fahrern von mir erzählt, jetzt war ich der Favorit von mehreren Fahrern!

02 Start

Der Start

Der Start war dann um 10:05, die lustige Reise ging los. Der Stress der letzten Tage, Wochen ist abgefallen, endlich Radfahren. Das Wetter war perfekt, sonnig, warm, es gab sogar Rückenwind, alles bestens. Aber die Aussichten für die nächsten Tage waren schlecht…

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Der Weg zum Kontrollpunkt 1

Die ersten Kilometer sind wir im Pulk aus der Stadt gefahren, hier und da einigen Fahrern eine gute Fahrt gewünscht und dann bin ich gleich vorne weg gefahren. Bald hab ich hinter mir keinen Fahrer mehr gesehen und ich fuhr auf meinem Track zum KP1. Dieser führt größtenteils durch Polen, da man sich damit viele Anstiege erspart. Nun ist es ja so, dass jeder seine eigene Strecke geplant hat, früh hat sich gezeigt, dass meine Streckenplanung eher so lala war. Musste schon einen ersten kleinen Umweg fahren, da meine Strecke irgendwann in einen Waldweg führte. Nach 100km einsamer Fahrt sah ich plötzlich andere Teilnehmer. Deren Track war wohl besser, Planung schlägt Beine! Hat mich schon ein wenig beunruhigt. Hoffentlich hab ich mich nicht komplett verplant…

Also an denen vorbei und kurze Zeit später wieder in so eine Sackgasse gefahren, aber so richtig blöd, musste wieder ein Stück zurück und einen größeren Umweg fahren. Die Verunsicherung bzgl. meiner Streckenplanung wurde nicht weniger. Dann wieder einige Teilnehmer überholt. Meinen Bekannten hab ich sogar dreimal überholt! Ich ahnte zu dem Zeitpunkt, dass ein, zwei Fahrer noch vor mir sind.

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Es wurde dunkel, die erste Nachtfahrt wurde eingeläutet, also alle Lampen an. Kurz vor KP1 musste ich einen Anstieg hoch, die Strecke war schlecht, schon wieder Zweifel an der Streckenplanung. Bin ich hier richtig? Führt der Weg wieder ins Nichts? Dann hab ich ein Rücklicht vor mir gesehen und war dann beruhigt, der Weg wird wohl richtig sein. Die Strecke wurde nicht besser, zum Glück muss ich auf der anderen Seite runter, dachte ich mir. Als ich hinter dem Fahrer war, hab ich gesehen, dass da noch einer etwas weiter vorne fährt. Am Kontrollpunkt angekommen, standen wir da zu dritt und haben kurz gesprochen. Die zwei sind dann gleich weiter, ich hab mich entschieden mir ein warmes Oberteil anzuziehen. Da ich den ganzen Kramms erst aus meiner Tasche holen musste, hab ich mich ein wenig damit aufgehalten, in der Zwischenzeit ist ein weiterer Fahrer angekommen. Er hatte 20km weniger auf dem Tacho! Dann sagte er, dass er jetzt erst mal ein Bier trinken muss, dazu ist er den ganzen Tag nicht gekommen. Er fragte einige Passanten, ob irgendwo in der Nähe eine Kneipe ist. Ja, unten links, müsste noch offen sein. Wir haben uns eine gute Fahrt gewünscht und er ist dann auch gleich Richtung Kneipe los, abgefahren! Ich hab mich kurz danach auch auf den Weg zum KP2 gemacht.

Ankunft:             Sa. 21:12

Distanz:              323km (Plan: 312km)

Dauer:                 11:07h

Der Weg zum Kontrollpunkt 2

Auf dem Weg zum KP2 ging es durch die Slowakei, aber erst Mal musste ich den Berg wieder auf der anderen Seite runter. Kurz den Veranstalter gesehen, der in einer Kurve stand und ein Kamerateam dabei hatte. Er wünschte mir eine gute Fahrt und dass es rechts runter geht. OK, passt, hab ich auch so geplant. Ich weiß nicht was passiert wäre, wenn er da nicht gestanden und den Weg bestätigt hätte. Der Weg war richtig übel, eher was fürs MTB, aber nicht für ein Rennrad, die Auffahrt war dagegen ein Traum. Musste mich teilweise durch einen matschigen, steinigen Weg kämpfen. Ich war dann recht froh, als ich endlich eine Straße erreicht habe, puh. Da hätte ich vorher auch ruhig meine geplante Strecke fahren können, schlimmer konnte die auch nicht sein.

Erst mal die aktuale Situation durchdacht: Drei sind vor mir losgefahren, einer davon ist in die Kneipe gefahren, d.h. zwei sind noch vor mir. Einen hab ich dann recht schnell eingeholt. Als es immer frischer wurde, entschied mich meine Beinlinge anzuziehen, hätte ich das mal gleich am KP1 gemacht. Also wieder alles aus der Tasche kramen, anziehen und wieder Tasche zusammenpacken. Da hab ich dann auch mein Schloss und meine Startnummer verloren (dabei wäre das ein Highlight an meiner Wand). Selbstverständlich wurde ich da auch wieder überholt.

Die Nachtfahrt war so richtig geil, es war sternenklar, es gab Vollmond und die Straßen waren frei. Eigentlich könnte jetzt immer Nacht sein, dachte ich mir. Irgendwann hab ich dann auch zunächst den einen und später auch den zweiten Fahrer zügig überholt. Es lief so richtig gut, das war dann auch das letzte Mal, dass ich einen Fahrer bis zum Ziel gesehen habe.

Aber da war ja noch meine Streckenplanung. Es ging einen Anstieg hoch, die Straße war super, laut Track sollte ich rechts abbiegen. Da war aber nur einen Feldweg und da jetzt im Dunkeln entlang, nein danke! Kurz den Verlauf der Straße im Garmin gecheckt, ich konnte die Straße weiterfahren, ist dann aber doch ein kleiner Umweg. Das blöde war nur, dass es weiter bergauf ging, ca. 200hm mehr, aber das war dann doch noch nicht das schlimmste. Als ich endlich oben angekommen bin, hab ich mich auf eine entspannte Abfahrt gefreut, zu früh gefreut! Stress pur, der Straßenbelag wechselte von super auf schlecht, ganz schlecht und dann auf Geröll. Naja, das dann auch im Schneckentempo gemeistert. In der Nachbetrachtung sind alle rechts am Berg hoch, in der Planung sah links für mich besser aus und mein toller Weg rechts entlang entpuppte sich als Querfeldeinabkürzung, den Berg runter.

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Es ging dann aber wieder recht zügig weiter. Kleines Highlight war, als ich nachts durch eine größere Stadt gefahren bin. Alle Ampeln aus, keine Autos, konnte gut durchbrettern. Am Tag wäre ich bestimmt wegen des Verkehrs und den Ampeln durchgedreht. Früh morgens, noch im Dunkeln, hab ich dann den weiteren Kontrollpunkt erreicht.

Ankunft:             So. 04:45

Distanz:              210km (Plan: 203km)     533km

Dauer:                 07:33h                             18:40h

Der Weg zum Kontrollpunkt 3

Der Tag fing schön an. Als es wärmer wurde, hab ich die warmen Klamotten verstaut und auf kurz-kurz gewechselt. Schnell noch Sonnencreme verteilt (das letzte Mal) und weiter. Trotz der Umwege, lief es sehr gut, ich bin super durch die Nacht gekommen und fühlte mich gut.

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Ich musste dann über einen Fluss fahren. Dafür gibt es Brücken, aber wie so überall, sind auch in Tschechien fast alle Brücken marode und werden erneuert. Diese Brücke war leider auch bereits abgerissen und die neue fehlte noch. Da ich nicht schwimmen oder auf die neue Brücken warten wollte, musste ich einen größeren Umweg zu einer anderen Brücke fahren, um über den Fluss zu kommen.

Auf dem Weg zum KP3 war die Strecke recht wellig, zusätzlich wurde es windig und es sah nach Regen aus. Ich bin nur recht zäh vorangekommen.

Am KP3 konnte man die Strecke wechseln, schlafen und sich verpflegen. Wechseln war keine Option (nie!) und ich wollte auch gleich weiter zum KP4 fahren und mich nicht lange aufhalten. Als ich am KP3 angekommen bin, fing es leicht zu regnen ab. Hab den Veranstalter gesehen, der noch einige Schilder aufgestellt hat und wir haben kurz gesprochen. Er sagte, dass ich sehr gut unterwegs bin, der zweite wäre ca. 30km hinter mir. Er fragte, ob ich irgendwas trinken oder essen möchte, ich verneinte und sagte, dass ich gleich wieder weiter fahre möchte. Da hat er schnell sein Kamerateam gerufen und ich musste ein paar Fragen beantworten (mehr schlecht als recht). Die Hürde Interview hab ich dann auch gemeistert und weiter geht’s über Österreich zum KP4.

Ankunft:             So. 11:26

Distanz:              166km (Plan: 151km)     699km

Dauer:                 06:51h                             25:31h

Der Weg zum Kontrollpunkt 4

Das Wetter wurde wieder besser und in Österreich waren die Straßen auch gut fahrbar. Ich war schon lange ohne Schlaf unterwegs, aber es lief weiterhin gut. Irgendwann lag Österreich hinter mir und ich fuhr Richtung Český Krumlov (Krumau).

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Durch Krumau fließt die Moldau und da war ich schon häufiger auf einer Kanutour mit meiner Familie. Die Stadt ist dabei auf einer zweitätigen Kanutour das Ziel. Vor dem Start der Tour gehört traditionell ein vorheriger Stadtrundgang dazu. Schon ein wenig emotional, wenn man nach so vielen Kilometern in eine bekannte Gegend kommt.

Der KP4 war dann auch an einem Campinglager entlang der Moldau, wo ich sicher schon ein paar Mal entlang gepaddelt bin. Bestimmt haben wir da auch mal einen Stopp eingelegt, um unseren Durst zu löschen. Jetzt Stopp ich aber nur, um die Strecke zum KP5 zu laden und meinen Durst hab ich auch nur mit Wasser gelöscht.

Ankunft:             So. 17:16

Distanz:              125km  (Plan: 125km)   824km

Dauer:                 05:40h                            31:11h

Zum Kontrollpunkt 5

Nach kurzer Zeit fing es an zu regnen, es wurde kalt und windig. Ich hab mir warme Sachen und meine nicht mehr taugliche Regenjacke angezogen. Der grobe Plan war mal 1000km durchzufahren. Mir war auf Grund des Wetters und dem mittlerweile spürbaren Schlafentzug klar, dass das nicht mehr möglich ist. Wäre ich kurz vor dem Ziel hätte ich noch durchgezogen, so machte es aber keinen Sinn. Ich hab aber den Punkt verpasst mich rechtzeitig um einen Schlafplatz zu kümmern. Es wurde schnell dunkel und es regnete die ganze Zeit, es zog sich. Ich fuhr durch einige Dörfer, alles dunkel, wie ausgestorben. Hab mir so langsam echt Sorgen gemacht, wo ich schlafen soll, da mir auch klar wurde, dass ich jetzt unbedingt schlafen muss. Den Plan, dass ich mich Notfalls irgendwo im Schlafsack hinlege, hat sich wegen des Regens zerschlagen.

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Ich wollte noch einen Anstieg hochfahren, runter soll eine größere Stadt kommen, da werde ich sicher was zum Schlafen finden. In der Stadt angekommen, es war ca. 21:45 Uhr, wie ausgestorben. Ich hab mich schon damit abgefunden an einer Haltestelle zu halten und meinen Schlafsack auszupacken. Dann sah ich ein erleuchtetes Schild mit „Reception“. Gleich da hin, keiner da, aber da steht eine Telefonnummer. Mit zittrigen Fingern dort angerufen. Ob ich reserviert hätte, es ist alles belegt. Ich verneinte, meinte nur, dass ich hier vor dem Schild mit meinem Rad stehe, 32h durchgefahren, total durchnässt und unterkühlt. Ob sie denn wüsste, wo ich hier irgendwo noch ein geöffnetes Hotel finde. Sie meinte irgendwo gibt es wohl eins. Wie komme ich da hin? Sie sagte dann, kurzen Moment ich komme runter. Ich glaube sie hatte Mitleid mit mir bekommen, als sie realisiert hat in welcher Lage ich war. Plötzlich war doch ein Zimmer frei, irgendein Paar hat sich, wie auch immer, anders entschieden, ich hab’s nicht verstanden, war mir aber auch egal, hauptsache ein Zimmer. Die Story war bestimmt nicht richtig, aber sie war dann sehr nett. Sie sagte irgendwas von Frühstück, ich meine nur, dass ich in ca. 4 h wieder los möchte, sie war ein wenig verwundert und gab mir dann alle Schlüssel, um mich nachts wieder auf den Weg zu machen. Ich war heilfroh.

Das Ganze hat aber Zeit gekosten: Fahrrad abstellen, Sachen aufs Zimmer bringen und schnell duschen. Leider war die Heizung aus, daher konnte ich die nassen Sachen nicht trocknen. Kurz den Wetterbericht gecheckt, der Regen soll in ein paar Stunden aufhören. Hab den Wecker so gestellt, dass ich auf ca. 3:15h schlaf komme.

Aufstehen ging erstaunlich gut, es hat tatsächlich aufgehört zu regnen. Aber es war kalt und in wenigen Stunden sollte es wieder anfangen zu regnen. Ich hab dann alles warme, was ich an Kleidung dabei hatte, angezogen. Auch das hat wieder alles Zeit gekosten, so dass ich mich erst wieder um 04:00 auf den Weg zum KP5 machte. Die ganze Aktion hat ca. 6h gedauert, effektive Nutzung der Pause geht anders…

Wie vorhergesagt fing es gegen 08:00 wieder an zu regnen. Nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich dann endlich am KP5 angekommen.

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Ankunft:             Mo. 13:32

Distanz:              272km  (Plan: 269km)   1.096km

Dauer:                 20:16h                            51:27h

Der Weg zum Kontrollpunkt 6

Zum KP6 geht es ein kurzes Stück durch Deutschland. Kurz nachdem ich wieder in Tschechien war, kam der Worst Case, eine viel befahrene Bundesstraße, was für ein Stress. Laufend Autos und LKWs, kaum ein Seitenstreifen auf dem ich fahren konnte. Der Mindestabstand war vielen egal. Toll wenn ein LKW schon knapp an einem vorbeifährt und dann auf halben Weg wieder einschert. War ich froh als ich das hinter mir hatte.

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Ab und zu hörte es auf zu regnen, aber ich war durchgängig nass und mir war kalt. Nach ca. 1200km bin ich an einen Punkt angekommen, wo ich bei der Streckenplanung unsicher war. Ich war kurz vor der größeren Industriestadt Chomutov. Es gibt einen Radweg entlang eines großen (ich glaube) Kohleabbaugebietes. Der Radweg war super, war total entspannt zu fahren, ein wenig Abwechslung hatte ich dabei auch, da ich tausenden von Nacktschnecken ausweichen musste. Ich denke die Ausweichquote lag bei guten 95%. Leider endete irgendwann der Radweg und führte in einen matschigen Waldweg, es wurde auch schon dunkel und in dieser Situation hatte ich keine Lust da lang zu fahren. Bei der Planung hatte ich das schon gesehen, aber hab mit einem besseren Weg spekuliert. Ich fuhr wieder ein Stück zurück, um einen alternativen Weg zu suchen. Das war dann leider nicht so einfach, das Streckennetz war recht verworren. Ich hätte das wohl schon vorher alternativ planen sollen, aber so ein wenig Abenteuer sollte ja auch dabei sein. Das Abenteuer endete dabei auf einer Straße, wo ich nicht sicher war, ob ich nicht auf einer Autobahn fuhr (war nicht so!). Da war alles neu gebaut und teilweise auch noch Baustelle, ich fuhr zwar wieder auf meinem Track, aber irgendwie doch nicht. Als ich dann auf der Gegenfahrbahn eine Abfahrt genommen habe, war ich endlich auf meinem ursprünglichen Track.

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Es regnete durchgängig, die dritte Nacht wollte ich wieder durchfahren, aber der Schlafentzug machte sich bemerkbar…am liebsten hätte ich mich kurz irgendwo hingelegt, aber es regnet und es ist kalt. Ich hab dann immer wieder kurz angehalten und ein wenig die Augen zu gemacht, das hat dann geholfen.

In der Nacht fingen auch leichte Probleme mit der Schaltung an, die Gänge gingen nicht mehr richtig rein und es gab komische Geräusche bei einigen Schaltvorgängen an meiner elektrischen Schaltung. Da es dunkel war konnte ich auch gar nicht schauen wie sich das Schaltwerk bewegt, ich hatte den Eindruck einige Gänge gingen nicht mehr rein oder wurden übersprungen. Im Moment kam ich damit zurecht, ein wenig Angst hatte ich, dass der Akku der Schaltung evtl. leer wird. Das hab ich dann per App geprüft, alles OK.

In der Stadt Litoměřice fuhr ich über die Elbe, auch da bin ich auf meinen Radtouren schon häufig gewesen, viel wiedererkannt habe ich da aber nicht. Ein Schild mit „Prag 88km“ habe ich gesehen, so nah und doch noch so weit weg, bis ich wieder in Prag sein sollte.

Es kam ein Streckenabschnitt, der richtig gut war. Eine, ich glaube, recht neue Landstraße und ich hatte Rückenwind. Da konnte ich einige Kilometer zügig und stressfrei fahren, da nachts sonst keiner unterwegs war. Allerdings endete auch dieser Abschnitt und so langsam kam ich wieder in eine Krise.

Der Weg zum letzten KP wurde immer mehr zur Qual, es regnete und es war kalt. Hab irgendwann eine halbstündige Pause eingelegt. Als es wieder weiterging, musste ich wieder einen Streckenabschnitt ungeplant umfahren. Es ging bergauf, noch wenige Kilometer zum KP6, gleich geht es bergab. Nur noch 4,5km und plötzlich Platten! Das fehlte noch, es war dunkel, kalt und es regnete. Angehalten und überlegt, was ich machen soll. Es war nicht mehr weit und ich hatte absolut keine Lust im Wald und im Dunkeln den Schlauch zu wechseln. Es war ein schleichender Plattfuß, keine Ahnung, ob es am Aerothan Schlauch lag, der ja nicht so schnell die Luft verlieren soll, wie normale Schläuche, ich bilde mir jetzt mal ein, es war eine gute Investition. Ich hab mich dann entschieden, bis zur Stadt zu rollen, da es eh nur noch bergab ging. Mit CO2 Kartusche ab und zu nachgepumpt, was recht gut geklappt hat. In der Stadt an der ersten Haltestelle angehalten und den Schlauch gewechselt, was mit zittrigen Händen und total unterkühlt eine echte Herausforderung war und ewig gedauert hat. Hab mich dabei in eine Rettungsdecke eingewickelt, keine Ahnung was die Menschen um mich herum gedacht haben, als die mich da gesehen haben…

Als ich endlich den Schlauch gewechselt habe, kurz noch die Schaltung gecheckt, aber nichts Offensichtliches gefunden. Es war in der Zwischenzeit wieder hell und ich fuhr weiter zum letzten KP, der nicht mehr weit weg war. Jetzt die letzten Kräfte mobilisieren, das Ziel ist nicht mehr weit. Zum Ziel ging es wieder größtenteils durch Polen.

05 Sonne

Ankunft:             Di. 07:41

Distanz:              284km (Plan: 275km)     1.380km

Dauer:                 18:09h                             69:36h

Der Weg zum Ziel

Nur noch 115km, aber immerhin noch 1500hm, kurz vorm Ziel wartet noch ein Anstieg mit max. 14%. Zumindest hat der Regen aufgehört und es wurde tatsächlich auch ein wenig wärmer, hab aber alle meine Sachen angelassen, wollte nicht noch mehr Zeit verlieren.

Dann, 65km vor dem Ziel, Totalausfall der Schaltung, nichts ging mehr und vorne war die Kette auf dem großen 52er Blatt. Schock! Was nun? Hinten kann man mit der Hand die Schaltung in einem gewissen Bereich verstellen, aber vorne keine Chance. Den Umwerfer abbauen und die Kette aufs kleine Blatt legen, war meine sofortige Idee, aber dafür hatte ich nicht das passende Werkzeug. Meine Befürchtung war zunächst, dass die Batterie leer gezogen wurde, da ich ja die komischen Geräusche hatte. Mit dem Handy, bei dem der Akku auch nur noch bei 4% war, die Schaltung geprüft, Batteriestand war OK. Die Schalter an den Griffen funktionieren, nur kommen die Befehle nicht am Umwerfer und Schaltwerk an. Oje, da war noch der letzte Anstieg, wie soll das funktionieren? Wie groß ist mein Vorsprung, hab ich durch den Platten und den Schaltproblemen viel Zeit verloren? Handy war dann auch alle, konnte daher nicht mehr prüfen, wo die anderen unterwegs sind.

Erst mal entschieden hinten auf einen mittleren Gang zu stellen und weiterzufahren. Einige Wellen hochgedrückt, wo es nicht mehr ging kurz zum manuellen Schalten angehalten. Aber der letzte Anstieg machte mir Sorgen. Dann war es soweit, es fing moderat an, im Wiegetritt ging es hoch. Als es steiler wurde, angehalten und geschaltet. Blöd ist nur, dass ich 52-32 auch nicht fahren wollte, das gab echt miese metallische Geräusche, also 52-28 war noch gerade so OK. Es ging dann recht gut und hab alles rausgeholt, irgendwann kam dann das steilste Stück. Konnte noch ein paar Meter hochdrücken, aber dann war Schluss, hab es nicht weiter geschafft. Also absteigen und schieben, das war eine Prämiere, ich wüsste nicht, wann ich mal mein Rennrad bergauf schieben musste! Zum Glück waren es nur paar Meter, als es ein weniger flacher wurde wieder aufs Rad und weiter.

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Alles dann doch halb so wild, am Ende des Aufstiegs sah ich ein Auto mit dem Kamerateam und machte ein paar Aufnahmen, als es wieder Bergab ging hab ich angehalten um zu schalten, die waren dann doch ein wenig verwundert…

Nicht mehr weit zum Ziel und es wurde sogar sonnig. Alles gegeben, warum auch immer, hat aber richtig Spaß gemacht. Ich würde sagen es war die Euphorie!

Die Zielankunft war dann recht unspektakulär, das Kamerateam hat bereits gewartet und mir sofort gratuliert. Ich wurde dann auch gleich interviewt. Die erste Frage war, was mich dazu treibt sowas zu machen. Eine passende Antwort hatte ich nicht, ich weiß auch gar nicht mehr, was ich geantwortet habe.

Ich weiß es selber auch nicht so genau, wahrscheinlich ist das wie bei einem Kind „Ich will das haben“, bei mir halt „Ich will das machen“!

Ankunft:             Di. 13:45

Distanz:              115km (Plan: 113km)     1.495km       13.565hm

Dauer:                 06:04h                            75:40h  (Netto: 59:27h)

Das Ziel

Ich bin kaputt, erledigt, fertig, müde, aber sehr glücklich. Es folgte noch die Preisübergabe und ein paar Fotos. Der Veranstalter hat mich danach zum Hotel, zu meinem Auto, gefahren. Ich fuhr zurück zum Zielort, hab dort geduscht, mein Rad eingepackt und mit einem Fahrer gesprochen, der gerade von der kurzen Strecke zurück gekommen ist. Dann bin ich auch los, zurück nach Prag. An der ersten Tanke habe ich dann angehalten und erst mal geschlafen.

Die Verpflegung

Ein paar Riegel und Gels hatte ich eingepackt. Die Riegel waren recht schnell aufgegessen, die Gels hab ich mir fürs Finale aufbewahrt. Verpflegt hab ich mich nur über Tankstellen. Eine Zeit lang hab ich nur Süßkram gegessen, später dann auch Deftiges, wie Hotdog, Toast, Sandwich. Irgendwann kam dann auch immer ein Becher Kaffee dazu. Drei Trinkflaschen hatte ich dabei, zwei am Rad, eine in der Trikottasche, in eine hab ich immer Cola reingefüllt. Nachts am Wochenende war es schon skurril, wenn ich da so auf meinem Trip auf die Schnapsleichen gestoßen bin. Großartig unterschieden haben wir uns aber nicht. Wir waren alle durch (sahen wohl auch genauso aus) und wollten für den nächsten Abschnitt unseres Weges was zu essen und trinken an der Tanke kaufen.

20 Essen

21 Essen

Das Ergebnis

Meine Zeit betrug 75:40h, der zweite hinter mir, hatte eine Zeit von 79:55h, der dritte (mein Bekannter) 82:00h.

Die lange Strecke haben 15 Fahrer gefinished, der letzte hat dabei 139:30h benötigt.

Auf der kurzen Strecke waren es 35 Fahrer. Der Sieger hat dabei am KP3 von lang auf kurz gewechselt, und war nach 41:11h im Ziel, der letzte nach 150:50h!

Eine Frau ist die kurze Strecke in 109:23h gefahren und vier Zweierteams sind die kurze gefahren.

Am KP3 haben 10 Fahrer auf die kurze Strecke und einer hat auf die lange Strecke gewechselt, Respekt!

Ob ich das nächstes Jahr wieder fahre, keine Ahnung, es gibt Optimierungsbedarf und es soll internationaler werden, mal schauen.

Vielen Dank an den Veranstalter, der mit viel Herzblut und Unterstützung seiner Familie das Rennen auf die Beine gestellt hat (und nochmal danke, fürs Geld ausleihen).

An dieser Stelle auch meinen größten Respekt an alle Fahrer. Ein Zweierteam war noch unterwegs (Zeit 167:35h), als ich eine Woche nach dem Start ein Radrennen in Prag gefahren bin. Wahnsinn!

Das war’s!

20 winner

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